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Legal News August 2024

Newsletter – 22.08.2024

Es freut uns, Ihnen nachfolgend unsere Legal News für August 2024 zur Verfügung zu stellen.

Gegliedert nach Praxisgebieten haben wir aktuelle Judikatur und gesetzliche Neuerungen kompakt zusammengefasst:

ARBEITSRECHT

Schriftformgebot bei Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen

Ein Angestellter hatte eine „Rückzahlungserklärung für die Kosten von Ausbildungsveranstaltungen“ unterschrieben, die jedoch vom Arbeitgeber nicht gegengezeichnet wurde. Nach der Arbeitnehmerkündigung forderte der Arbeitgeber die Rückzahlung eines Teils der Ausbildungskosten basierend auf dieser einseitig unterschriebenen Vereinbarung. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass die Rückzahlungserklärung aufgrund des fehlenden Schriftformerfordernisses ungültig sei. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, dass die Rückzahlung bereits im Dienstvertrag, den beide Parteien unterzeichnet hatten, geregelt sei und die einseitig unterfertigte Vereinbarung lediglich eine Konkretisierung der Rückersatzvereinbarung darstelle. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass eine schriftliche Vereinbarung gemäß § 2d Abs 2 AVRAG – auch wenn das Schriftformerfordernis in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers dient – zwingend auch die Unterschrift des Arbeitgebers erfordere. Der Verstoß gegen diese Schriftform führte gegenständlich dazu, dass die gesamte Vereinbarung unwirksam war.

Fazit: Der Entwurf und die Abwicklung von Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen mit Arbeitnehmern sollte aus Arbeitgebersicht wohlüberlegt sein. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die aktuellen Änderungen im AVRAG, die besagen, dass Aus- und Weiterbildungen, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder des Arbeitsvertrages Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit sind, als Arbeitszeit gelten und die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind.

OGH 24.4.2024, 9 ObA 57/23g

GESELLSCHAFTS- UND KONZERNRECHT

WiEReG: Meldepflicht bei FlexCos

Am 1. Januar 2024 trat das FlexKapGG in Kraft, begleitet von Änderungen durch das GesRÄG 2023 (BGBl I 2023/179), durch welche auch eine Meldepflicht für FlexCos nach WiEReG vorgesehen wurde. Das BMF als zuständige Registerbehörde hat zur Klarstellung eine Fachinformation veröffentlicht, um über die Meldepflicht und die Voraussetzungen für eine Meldebefreiung bei FlexCos zu informieren. Da Unternehmenswertanteile („UWA“) kein Stimmrecht vermitteln, ist bei Meldungen nach WiEReG zwischen Eigentum und Stimmrecht zu unterscheiden. Werden UWA ausgegeben, divergiert idR die Höhe der Geschäftsanteile und die Höhe der Stimmrechte.

WiEReG Meldung bei UWA
UWA und eigene Anteile ohne Stimmrechte erhöhen die Stimmrechte der übrigen Gesellschafter. Bei Meldungen von Art und Umfang der Beteiligung sind statt „Eigentum“ die „Stimmrechte“ anzugeben, wenn diese höher sind.

Meldebefreiungen
FlexCos sind gem. § 6 Abs 2a WiEReG von der Meldepflicht befreit, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind. Anteile, die die Gesellschaft selbst hält, befreien nicht von der Meldepflicht. Stimmrechte werden gem. § 39 Abs 2 Satz 1 GmbHG berechnet. Eine abweichende Stimmrechtsverteilung führt nur dann zum Wegfall der Meldebefreiung, wenn andere wirtschaftliche Eigentümer entstehen. Wie auch bei Kapitalgesellschaften, entfällt die Meldebefreiung, wenn eine andere natürliche Person wirtschaftlicher Eigentümer der FlexCo ist.

OGH 21.2.2024, 6 Ob 66/23h

Notariatsaktspflicht bei der Übertragung der Treugeberstellung für treuhändig gehaltene GmbH-Geschäftsanteile

In der vorliegenden Entscheidung befasste sich der OGH mit der Formpflicht der Übertragung der Treugeberstellung an einem GmbH-Geschäftsanteil.

Der Kläger und E gründeten eine GmbH und traten (als Treugeber) jeweils ihren Geschäftsanteil an dieser GmbH an die U-GmbH (als Treuhänderin) ab. Jahre später übertrug E dem Kläger seine Rechte als wirtschaftlicher Eigentümer mittels eines schriftlich abgeschlossenen Abtretungsvertrags; sechs Jahre später wurde der Abtretungsvertrag als Notariatsakt abgeschlossen. Unmittelbar nachdem E dem Kläger seine Rechte als wirtschaftlicher Eigentümer schriftlich übertragen hatte, übertrug der Kläger der Beklagten (seiner damaligen Ehegattin) mündlich das wirtschaftliche Eigentum an allen Anteilen an der GmbH. In weiterer Folge wurde eine schriftliche Treuhandvereinbarung zwischen der Beklagten und der Treuhänderin abgeschlossen. Später wurde von der Treuhänderin das Treuhandverhältnis mit der Beklagten beendet und die Anteile wurden an die Beklagte in Notariatsaktsform abgetreten und übertragen.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Übertragung der Anteile an ihn. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der OGH sprach aus, dass bei treuhändig gehaltenen GmbH-Geschäftsanteilen die Übertragung der Treugeberstellung der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG unterliegt. Nach den Feststellungen wurde das wirtschaftliche Eigentum des Klägers an den Geschäftsanteilen der GmbH an die Beklagte übertragen, woraus ersichtlich wird, dass die Schenkung im Ergebnis auf die Übertragung jener Rechtsposition, die dem Kläger als Treugeber verblieben war, gerichtet war. Die Schenkung der Treugeberrechte durch den Kläger an die Beklagte sollte im vorliegenden Fall, auch wenn es dadurch formal zu keinem Gesellschafterwechsel kommt, im Ergebnis einen Wechsel des Treugebers bewirken. Mit dem Wechsel des Treugebers ist eine Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung verbunden, weshalb die Übertragung der Treugeberstellung ebenfalls der Notariatsaktspflicht unterliegt. Eine Heilung des Formmangels durch Erfüllung ist bei Fehlen jeglichen Notariatsakts nicht möglich.

Dem Treugeber kam aufgrund der Beendigung der Treuhandschaft gegenüber dem Treuhänder ein Anspruch auf Rückübertragung zu. Aufgrund des unwirksamen Schenkungsvertrags war im Verhältnis der Streitteile der Anspruch gegenüber der Treuhänderin auf Übertragung der Geschäftsanteile an der GmbH dem Kläger zugewiesen. Die Beklagte hatte daher die ihr von der Treuhänderin abgetretenen Geschäftsanteile dem Kläger herauszugeben.

IMMOBILIENRECHT

Verlust des Provisionsanspruches

Im vorliegenden Fall kam es zwischen Interessentin und Maklerin zum stillschweigenden Abschluss eines Maklervertrages, indem die Interessentin der Maklerin das Interesse an einer von dieser inserierten Wohnung signalisierte und die Maklerin dies erkannte und daraufhin Informationen an die Interessentin übermittelte. In weiterer Folge kam es zum Abschluss eines Kaufanbots – Kaufobjekt war ein als Büro gewidmetes Wohnungseigentumsobjekt, welches der Interessentin von der Maklerin vermittelt wurde. Die Maklerin teilte der Käuferin die Widmung mit. Die Maklerin klagte die Provision ein, welche dieser laut OGH jedoch nicht zusteht: Es kam zunächst zwar zum Abschluss eines konkludenten Maklervertrages, weil die Käuferin erkennen konnte, dass sie eine provisionspflichtige Tätigkeit seitens der Maklerin in Anspruch nahm und dieser auch nicht widersprach. Vertragsinhalt war jedoch ein natürlicher Konsens über die Eigenschaft des zu vermittelnden Objekts als Wohnung.

Es kam auch zu keiner nachträglichen Änderung des Maklervertrages durch die Vermittlung eines Büros und einen entsprechenden Hinweis durch die Maklerin: § 863 ABGB, der die stillschweigende Willenserklärung regelt, ist streng auszulegen. Die Maklerin hatte keine ausreichenden Gründe, stillschweigend annehmen zu können, dass die Käuferin nun anstatt einer Wohnung auf einmal ein Büro erwerben wolle. Voraussetzung für einen Provisionsanspruch der Maklerin ist gemäß § 6 Abs 1 und 3 MaklerG das Zustandekommen eines nach dem Maklervertrag zu vermittelndem Geschäfts oder eines solchen Geschäfts, welches nach dem Zweck gleichwertig ist. Hier wurde weder das nach dem Maklervertrag zu vermittelnde Geschäft (Wohnungserwerb), noch ein nach dem Zweck gleichwertiges abgeschlossen, weil das Büro umgewidmet hätte werden müssen.

Fazit: Um als Makler den Provisionsanspruch nicht zu verlieren, sollte man im Maklervertrag genau regeln, was zu vermitteln ist. Hierfür empfiehlt sich der Abschluss eines schriftlichen Maklervertrages. In diesem Fall hat man eine sicherere Basis für etwaige spätere Änderungen des Maklervertrages. Im oben genannten Fall hätte man z.B. immer noch das zu vermittelnde Geschäft – beispielsweise gegen einen Abschlag bei der Provision – einvernehmlich dahingehend ändern können, dass nun doch auch Wohnungseigentumsobjekte, die als Büro gewidmet sind, jedoch einer Umwidmung bedürfen, umfasst sind. So hätte man zumindest einen Teil der Provision „retten“ können.

OGH 26.4.2024, 4 Ob 182/23b

LITIGATION

Verbandsklagen – Richtlinie – Umsetzungs – Novelle

Mit der Verbandsklagen–Richtlinie–Umsetzungs–Novelle (VRUN; Kundmachung am 17. Juli 2024) wurden in Österreich in Umsetzung der EU-Verbandsklagen-RL umfangreiche Gesetzesänderungen vorgenommen. Durch die neue Verbandsklage werden zwei Möglichkeiten des kollektiven Rechtschutzes vorgesehen. Neben den schon bisher bekannten Unterlassungsklagen gibt es nunmehr auch die gesetzliche Möglichkeit für sogenannte Qualifizierte Einrichtungen, für Verbraucher eine kollektive Klage auf Abhilfe (wenn zumindest 50 Verbraucher von diesem Verhalten betroffen sind) gegen Unternehmen anzustrengen. Mit einer solchen Verbandsklage können etwa Schadenersatz, Preisminderung oder Reparatur geltend gemacht werden.

Klagebefugt sind ausschließlich so genannte „Qualifizierten Einrichtungen“, nicht jedoch die Verbraucher direkt. Gesetzlich anerkannt als Qualifizierte Einrichtung sind unter anderem die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundesarbeitskammer und der Verein für Konsumenteninformation.

Darüber hinaus können juristische Personen, die die besonderen Voraussetzungen erfüllen, vom Bundeskartellanwalt durch Bescheid als Qualifizierte Einrichtungen anerkannt werden. In der Zivilprozessordnung wurde auch ein eigener Gerichtsstand für die Verbandsklagen festgelegt. Zuständig für Verbandsverfahren ist ausschließlich das Handelsgericht Wien.

Fazit: Schon vor dieser Novelle gab es in Österreich die Möglichkeit einer „Sammelklage“: Die Sammelklage österreichischen Typs, die gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt war, sondern sich in der Praxis entwickelt hat. Verbraucher treten dabei entweder in einer Vielzahl an Klägern auf oder treten ihre Individualansprüche an einen Verband oder sonstigen Rechtsträger ab, der diese Ansprüche dann gesammelt im eigenen Namen einklagt. Es wird sich zeigen, wie die neuen Sammelklagen in der Praxis angenommen werden. Es wird jedoch für Verbraucher in der Praxis eine erhebliche Erleichterung darstellen, dass nunmehr keine Abtretungskonstellationen mehr notwendig sind und die Rechtsdurchsetzung dadurch vereinfacht wird.

RL EU 2020/1828; BGBl. I 85/2024; VRUN

PRIVATE CLIENTS

Auskunftspflicht im Aufteilungsverfahren – Stifterrechte als Vermögenswerte?

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil unter Ausspruch des alleinigen Verschuldens des Mannes geschieden. Beide Parteien begehrten daraufhin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.

Die Ex-Ehefrau beantragte 1,5 Jahre nach dem Scheidungsurteil, dem Ex-Ehemann aufzutragen, ihr eine vollständige und konkrete Aufstellung seiner in seinem Besitz befindlichen Ersparnisse sowie über jene Ersparnisse, die er in eine Privatstiftung eingebracht hat und/oder von dieser erhalten hat, bekanntzugeben.

Entscheidung des OGH

  • Präklusivfrist des § 95 EheG: Da der Ex-Ehemann innerhalb der einjährigen Präklusivfrist einen Aufteilungsantrag gestellt hat, kann das Auskunftsbegehren der Ex-Ehefrau auch noch nach Ablauf dieser Frist erhoben werden.
  • Präklusivfrist des § 95 EheG: Da der Ex-Ehemann innerhalb der einjährigen Präklusivfrist einen Aufteilungsantrag gestellt hat, kann das Auskunftsbegehren der Ex-Ehefrau auch noch nach Ablauf dieser Frist erhoben werden
  • Zweijahresfrist: Die Zweijahresfrist beginnt erst mit der endgültigen Aufgabe des Verfügungsrechts über das eingebrachte Vermögen zu laufen. Solange der Ehepartner sich als Stifter ein umfassendes Widerrufs- und Änderungsrecht vorbehalten hat, wird das Vermögen bei der Aufteilung berücksichtigt.

Fazit: 

  • Klarstellung: Der OGH stellte klar, dass die Zweijahresfrist erst bei Aufgabe sämtlicher Stifterrechte beginnt. Dies unterscheidet sich von der Regelung für Unternehmensanteile, die eine unbefristete Berücksichtigung vorsehen.
  • Offene Frage: Da der Antrag der Ex-Ehefrau erst nach Ablauf der Jahresfrist gestellt wurde, musste der OGH nicht klären, ob Stifterrechte als Vermögenswerte zu qualifizieren sind und somit Teil der ehelichen Ersparnisse wären.

OGH 9.2.2024, 1 Ob 180/23m

Pflichtteilsstundung als (bloße) Vollstreckungssperre

In der gegenständlichen Entscheidung begehrte die Klägerin die Ergänzung ihres Pflichtteils. Der Erblasser hatte letztwillig die Stundung der Pflichtteile auf fünf Jahre angeordnet.
Der OGH hatte sich in der Folge mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die durch den Erblasser angeordnete Stundung nach § 766 Abs 1 und Abs 2 ABGB als Klagssperre zu verstehen ist oder lediglich als Vollstreckungssperre, welche die Fälligkeit hinauszögert.

Entscheidung des OGH
In analoger Anwendung der Grundsätze, die für die gesetzlich angeordnete Stundung nach § 765 Abs 2 ABGB gelten, wonach der Pflichtteilsberechtigte seinen Geldpflichtteil erst ein Jahr nach dem Ableben des Verstorbenen fordern kann, sprach der OGH aus, dass die Stundung lediglich die Fälligkeit hinausschiebt, es aber nicht verhindert, dass sich der Pflichtteilsschuldner einem allfälligen Prozess über den Pflichtteil aussetzen muss.

Fazit: Mit der Anordnung der maximal möglichen Stundung des Pflichtteils auf fünf Jahre kann der Erblasser letztwillig lediglich die Fälligkeit des Pflichtteils hinauszögern (Vollstreckungssperre), um dadurch den Pflichtteilsschuldnern die notwendige Zeit zu geben, alles Notwendige zur Deckung der Pflichtteile in die Wege zu leiten. Hierdurch kann der Erblasser allerdings nicht verhindern, dass sich der Pflichtteilsschuldner bereits vor Ablauf der angeordneten Frist einem allfälligen Pflichtteilsprozess aussetzen muss.

OGH 21.11.2023, 2 Ob 216/23p

RESTRUKTURIERUNG UND SANIERUNG | INSOLVENZ

Vorzeitige Auflösung des Bestandverhältnisses nach § 23 IO: zum Zeitpunkt des Schadenseintritts und des Beginns der Verjährungsfrist

Im Sachverhalt, welcher der gegenständlichen Entscheidung zugrunde liegt, vermietete die Klägerin Büro- und Lagerflächen sowie eine Garage. Die Mieterin gab einen Kündigungsverzicht bis Ende 2024 ab. Anstelle der üblichen Mietkaution wurde eine Bankgarantie in sechsstelliger Höhe befristet bis Juli 2030 erlegt.

Im November 2018 wurde über das Vermögen der Mieterin ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Masseverwalter kündigte mit Februar 2019 gemäß § 23 IO alle Mietverhältnisse auf. Alle Mietzinsrückstände wurden durch das Bestandgeberpfandrecht abgedeckt. Aufgrund des Kündigungsverzichts der Mieterin entstand der Klägerin jedoch ein Nichterfüllungsschaden für Mietzinse von März 2019 bis Dezember 2024 in siebenstelliger Höhe.

Erstmals im Juli 2022 forderte die Klägerin von der beklagten Bank die Auszahlung der Bankgarantie, welche mit Verweis auf Verjährung die Auszahlung verweigerte. Im August 2022 klagte die Klägerin die gesamte sechsstellige Bankgarantie mit Verweis auf die „Gültigkeit der Bankgarantie bis 2030“ ein. Der OGH hielt hierzu fest, dass durch die vorzeitige Kündigung der Mietverträge gemäß § 23 IO grundsätzlich ein Schadenersatzanspruch auf die entgangenen Mietzinse entstanden ist, welcher auch durch die vorliegende Bankgarantie besichert ist. Er verwarf allerdings das Argument der Klägerin, dass der Schadenersatzanspruch erst Monat für Monat eintrete und sprach dagegen aus, dass die hier geltende kurze Verjährungsfrist von 3 Jahren bereits dann zu laufen beginne, wenn die Inanspruchnahme der Garantie erstmals ohne Rechtsmissbrauch erfolgen kann. Daran ändere auch eine Befristung der Garantie, welcher hier auch kein Verjährungsverzicht entnommen werden konnte, nichts.

Bereits durch die vorzeitige Beendigung der Mietverhältnisse sei mit März 2019 der gesamte Nichterfüllungsschaden eingetreten, der zu diesem Zeitpunkt beziffert und fällig gestellt werden hätte können. Die Inanspruchnahme der Garantie in diesem Zeitpunkt wäre nicht rechtsmissbräuchlich gewesen, sodass bereits mit März 2022 Verjährung eingetreten war und die im August 2022 eingebrachte Klage daher verspätet war.

Fazit: Bei einer vorzeitigen Auflösung eines Bestandverhältnisses nach § 23 IO tritt der Schaden bereits durch die Umwandlung des Leistungsanspruchs in einen Differenzanspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens ein.

OGH 24.4.2024, 9 Ob 70/23v

DATENSCHUTZ

Schutzzweck des Datenschutzrechtes

Nach Art 82 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter. § 29 DSG konkretisiert dieses Recht des Betroffenen und ordnet an, dass für diesen Schadenersatzanspruch im Einzelnen die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten.

In der gegenständlichen Entscheidung war der Kläger Mieter eines Gebäudes. Die Beklagte war die Vermieterin und hatte an dem Gebäude eine Videoüberwachung installiert. Nach dem Besuch eines Weinfestes wollte der aufgrund von Alkoholkonsum in erheblichem Ausmaß, nicht mehr fahrtaugliche Kläger nachts mit dem PKW auf seinem Parkplatz vor dem Gebäude einparken. Im Zuge dessen fuhr er allerdings über die Parkplatzbegrenzung hinaus und beschädigte sein Fahrzeug schwer. Die Videoüberwachungsanlage der Beklagten zeichnete den Vorfall auf. Nachdem der Versicherer zunächst eine vorläufige Deckungszusage erteilt hatte, entdeckte ein Mitarbeiter bei einer Nachschau vor Ort die Kameras und kontaktierte die Beklagte. Diese übermittelte die Aufzeichnung des Unfalls an den Versicherer, der die Deckung für die Reparaturkosten des PKW in Höhe von 17.970,44 EUR nunmehr ablehnte. Der Kläger begehrte den Ersatz der Reparaturkosten seines Fahrzeugs von der Vermieterin mit der Begründung, die Deckung dieser Kosten durch den Kaskoversicherer sei durch eine unzulässige Datenverarbeitung der Beklagten vereitelt worden.

Der OGH hielt hierzu fest, dass es außerhalb des Schutzzwecks der vom Kläger ins Treffen geführten datenschutzrechtlichen Bestimmungen liege, wenn er im Wege einer (behaupteten) Datenschutzverletzung vom Verantwortlichen einer Datenverarbeitung Schadenersatz für eine berechtigt verweigerte Versicherungsleistung begehre.

Fazit: Der OGH hat durch diese Entscheidung klargestellt, dass selbst wenn eine Datenschutzverletzung vorliegt, dass Datenschutzrecht nicht zur Erlangung einer nicht zustehenden Leistung missbraucht werden kann.

OGH 15. 5. 2024, 6 Ob 70/24y

WETTBEWERBSRECHT | KARTELLRECHT

Unlautere Geschäftspraktik Lebensmittelkennzeichnung

Kennzeichnungspflicht auf einer Lebensmittelverpackung beschäftigt und festgehalten, dass die ordnungsgemäße Kennzeichnung eine mögliche Irreführung der Verbraucher nicht ausschließt.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat einen Getränkeproduzenten auf Unterlassung geklagt. Die Plastikflasche des Getränks war mit Früchten (Zitrone, Limette) und Kräutern (Minze) geziert und platzierte deutlich lesbar „bio“ in der Produktbezeichnung. Auch farblich war das Etikett sehr „naturbelassen“ gestaltet. In der Produktbeschreibung, verfügbar im Online-Shop des Getränkeproduzenten, war von „Fruchtanteilen“ die Rede. Für den Obersten Gerichtshof war aufgrund dieses Produktauftritts naheliegend, dass jeder Verbraucher zu Recht richtige Früchte im Getränk erwartete.

Tatsächlich war es aber so, dass das Getränk nur Aromen der Früchte enthielt. Das war auf der Rückseite des Etikettes, in der Zutatenliste, völlig korrekt ausgewiesen. Die ordnungsgemäße Kennzeichnung im Sinne der Lebensmittelinformationsverordnung ändere aber – so der OGH – nichts daran, dass der Verbraucher durch die Produktaufmachung in die Irre geführt werden kann. Es entscheidet nämlich der Gesamteindruck der Aufmachung und diese lässt den Schluss nahe, dass der durchschnittliche Konsument davon ausgeht, im Getränk sei ein Anteil echter Früchte enthalten.

Der OGH bestätigte den VKI, dass ein ausdrücklicher, deutlicher Hinweis zur Vermeidung einer falschen Vorstellung des Verbrauchers erforderlich ist.

Fazit: Im Ergebnis sind Unternehmen in der Lebensmittelbranche gut beraten, wenn sie die Produktaufmachung, die Beschreibung eines Produktes oder damit im Zusammenhang getätigte Werbe- und Marketingauftritte kritisch hinterfragen, ob der Verbraucher einen von den tatsächlichen Gegebenheiten über Zutaten, Herstellung uä abweichenden Eindruck bekommen könnten. Ist dies der Fall, ist unbedingt ein entsprechender Hinweis, klar und deutlich lesbar, anzubringen.

 

OGH 23.5.2024, 4 Ob 25/24s

 

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